Mit dem Ende des 2. Weltkrieges ging auch eine Zeit der Erschütterungen, der Trostlosigkeit und des ständigen Lebens in Angst zu Ende. Was dieser Zeit folgte, war die Trauer um Gefallene, Gefangene und Vermisste. Doch um nicht in der Trauer zu versinken, versuchte man durch die aktive Gestaltung der Freizeit für Zerstreuung und Ablenkung zu sorgen. Auch in Harsewinkel blühte das Repertoire der Freizeitangebote auf.
Einerseits waren es Vereine, die in Harsewinkel neu auflebten, nachdem ihre Vereinsaktivitäten während des Krieges zum Erliegen kamen. Viele Vereinsmitglieder zogen in den Krieg und fielen oder wurden vermisst. Um sich vom Krieg zu distanzieren, wurden einige Vereine sogar neu gegründet.
Theo Lange ergriff im Sommer 1946 die Initiative und strebte nach einer Neugründung der Kolpingfamilie, welche ein breites Spektrum an Angeboten deckte. Mit Hilfe alter Mitglieder konnten bereits in den Jahren 1946/47 44 neue Mitglieder verzeichnet werden. Mit dem Wiederaufleben der Kolpingfamilie in den Nachkriegsjahren etablierte sich aufgrund der hohen Nachfrage eine eigenständige Theatergruppe, denn schon vor dem Krieg war das „Laienspiel” ein fester und beliebter Bestandteil des Vereins. Doch auch das Kolpingorchester hatte das Interesse geweckt, wie Günter Mense (Zeitzeuge) im Interview schildert: „Da war eine Trompete, da waren zwei Akkordeonisten, zwei Geigen waren dabei und ein schreckliches Althorn war auch dabei. [...] Da kann ich mich noch ganz gut daran erinnern. [...] Sie waren eher etwas verschrien sogar.”
Er habe sich trotzdem schon immer für Musik interessiert und mit einen Ohr zugehört und sich später von seinem ersten selbstverdienten Geld ein Waldhorn gekauft.
Ausschnitt aus dem Interview mit dem Zeitzeugen Günter Mense ~ 14:47 min - 16:03 min
Wer nicht im Kolpingorchester tätig war und trotzdem gerne musizierte, tat dies wahrscheinlich im Spielmannszug Harsewinkel. Viele Mitglieder aus der Vorkriegszeit überlebten den Krieg nicht, als aber bei der Generalversammlung des Schützenvereines 1949 die Überlegung aufkam, den Spielmannszug neu zu formieren, geriet ein Stein ins Rollen. Noch am selben Abend meldeten sich die ersten Interessenten. Der erste Aufmarsch des Spielmannszuges fand noch im selben Jahr auf dem Schützenfest statt.
Eine andere beliebte Beschäftigung in Harsewinkel war es ins Kino zu gehen. Es gab das Kino „Harli” (abgeleitet von Harsewinkler Lichtspiele), das bereits vor dem Krieg existierte. In der Nachkriegszeit kam noch ein zweites Kino hinzu. Beide Kinos waren in Gaststätten untergebracht, zum einen in der ehemaligen Gaststätte Sprenger an der Marienstraße (heute Schreibwarengeschäft Andrees) und zum anderen im Saal des Katholischen Vereinshaus an der Münsterstraße (heute: Drogeriemarkt Rossmann).
Das erste Fernsehergerät kam im Harsewinkel 1954 auf. Die ersten Fernseherbilder sah Günter Mense im Gasthof „Poppenborg”. Davon und von der Fußball-Weltmeisterschaft berichtet er im Interview. In der Anfangszeit des Fernsehens wurden in Gaststätten Fernsehgeräte aufgestellt. Günter Mense erinnert sich daran, dass er die ersten Fernsehbilder in der Gaststätte Poppenborg während der Fußball-WM 1954 sah.
Ausschnitt aus dem Interview mit dem Zeitzeugen Günter Mense ~ 20:12 min - 23:07 min